ich habe noch in keiner wissenschaftlichen arbeit (und davon gibt`s schon einige) aus wikipedia zitiert. – nicht deshalb, weil ich mich nicht getraut oder es nicht gewagt hätte, sondern weil die notwendigkeit bisher nicht vorhanden war.
guter überblick
was ich sehr wohl getan habe, war, mir auf wikipedia einen überblick zu verschaffen und aufgrund der dortigen belege zu hinweisen zu kommen, wie und wo man zu einem bestimmten thema weiterrecherchieren kann.
lebensdaten, die ich in einer arbeit verwende, schlage ich durchaus bei wikipedia nach – und verwende sie dann auch (nach einem gegencheck bei z.b. google und co) – und zwar unbelegt.
muss ja auch nicht belegt werden, denn allgemeine daten, die im lexikon stehen – allgemeinwissen (wann hat welcher krieg begonnen oder aufgehört, wann wurde welcher vertrag unterzeichnet) muss nicht mit einer fußnote versehen werden.
zeitvorteil
genau hier schlägt wikipedia die real existierende bibliothek durch den zeitvorteil! (selbst wenn sämtliche lexika – oder überhaupt alles – einmal digitalisiert sein wird: – wikipedia wird trotzdem immer die schnellste quelle sein. – zumindest wenn es um dinge wie die oben genannten daten geht.) in dieser sache vertraue ich auf das wikipedianische peer-review!
"mitten im leben"
etwas erstaunt hat mich in den verlinkten artikeln zugegebenermaßen der mehrmals erwähnte bezug auf wikipedia in gerichtsurteilen. das sehe ich ambivalent: einerseits hat es mich irgendwie erschreckt, andererseits finde ich es positiv, denn immerhin zeigt es, dass gerichte „mitten im leben stehen“. – was man von der universität nicht immer behaupten kann (stichwort „elfenbeinturm“).
generationenfrage?
das ist wohl eine generationenfrage. wenn einmal die generation von z.b. johannes und viktor becher die alteingesessene professorengeneration sein wird, wird die wikipedia-zitationsfrage auch gelöst sein, und zwar zugunsten wikipedia. wikipedia wird nicht mehr verschwinden aus der welt. daher muss man einen umgang damit finden.
die dosis macht das gift!
es ist schließlich die dosis, die das gift macht. wenn in einem literaturverzeichnis von 100 belegen einer oder zwei aus der wikipedia stammen, wird niemand etwas dagegen haben. wer gezeigt hat, dass er imstande ist, 98 oder 99 „sonstige“ quellenangaben zu finden, wird wohl auch grund genug haben, in ein oder zwei fällen auf wikipedia zurückzugreifen.
und letztendlich kommt es auch auf das thema bzw. fachgebiet an. wer – beispielsweise – eine medienwissenschaftliche arbeit über soap-operas schreibt, wird vermutlich lange brauchen, einen wissenschaftlichen beleg dafür zu finden, in welchem land die amerikanische endlosserie „reich und schön“ unter welchem titel auf welchen sendern gelaufen ist. – den betreffenden wikipedia-eintrag gibt es bereits:
http://en.wikipedia.org/wiki/The_Bold_and_the_Beautiful
(dann gehört wikipedia aber auch korrekt als quelle angegeben - am besten mit der uhrzeit oder gleich mit permalink.)
die universität muss die studierenden befähigen, wie man mit quellen umgeht. warum und wann ist etwas ernst zu nehmen und warum nicht? falsch verstandenes renommé kann auch in unhinterfragte autoritätsgläubigkeit kippen – wie die bechers schreiben.
gefragt: kritisches hinterfragen
das ist kein inneruniversitäres desiderat. der richtige, kritische umgang mit quellen – also mit texten jeder art – müsste schon in der volksschule gelehrt werden – oder zumindest in der volkshochschule; vielleicht gäbe es dann weniger opfer von kaffee- oder werbefahrten oder sonstigen "sie haben gewonnen"-briefen.
aber das ist eine andere geschichte.
PS: am ende dieses textes, der mir ein wenig lang geraten ist, bin ich etwas erstaunt über die milde, mit der ich wikipedia hier beurteilt habe – ich führe es auf die lektüre der verlinkten interviews und aufsätze zurück. da stand viel interessantes über wikipedia drin, das ich nicht wusste.
Sabedith - 12. Jan, 00:26